Diesmal haben wir uns mit Dr. Florian Hawranek und Claudia Schuberth von der C. Kreul GmbH Co. KG aus Hallerndorf, Deutschlands erster Künstlerfarbenfabrik, unterhalten. Herr Dr. Hawranek ist seit 17 Jahren im Unternehmen und ist nun Geschäftsführer der vierten Familiengeneration. In dieser Rolle malt er die alten Strukturen des Familienunternehmens mit neuer Farbe an. Claudia Schuberth ist seit 8 Jahren ein fester Bestandteil des Teams. Als Leiterin Strategie, Innovation und Marketing begleitet sie die Geschäftsführung in allen strategischen Fragen und ist für das Brand Management der Marke KREUL zuständig. Gemeinsam mit Niklas Volland haben sie nicht nur über die digitale Transformation in dem Unternehmen, sondern auch über die Themen Innovation und Nachhaltigkeit im Mittelstand gesprochen. Wie die Firma KREUL diese Themen behandelt, auf welche Hürden sie in den letzten Jahren getroffen sind und was ihre größten Learnings waren, könnt ihr nun selbst lesen.
DCM Redaktion: Bei KREUL Farben handelt es sich um die älteste deutsche Künstlerfarbenfabrik Deutschlands und Sie Herr Dr. Hawranek sind nun Geschäftsführer der vierten Familiengeneration: Wie haben Sie den Wandel Ihres Unternehmens in den letzten 10 Jahren wahrgenommen? Was heißt Wandel für Sie?
Hawranek: Ich glaube, das Entscheidende war eine klare Fokussierung auf den Markenkern und auf das, was uns als Unternehmen auszeichnet. Es war wichtig zu schauen, wo stehen wir als Unternehmen und für was wir als Unternehmen stehen. Das ist flüssige Farbe und der künstlerisch-kreative Ausdruck mit der flüssigen Farbe. Der zweite wichtige Punkt war für uns die Wahrnehmung als Marke. Wir haben ein Markendenken. Wir sind eine Marke für Kinder, für Künstler und für Kreative. Dazu kommen verstärkt noch die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Schuberth: Ich würde daran anschließen: Wir mussten unser Sortiment auf das reduzieren, was wir am besten können. Zudem haben wir versucht mit dem Corporate Design den Wandel sichtbar zu machen. Das macht es für die Mitarbeiter:innen wie auch für die Kund:innen leichter diesen zu begleiten und wertzuschätzen. Der dritte wichtige Aspekt des Wandels ist die Akzeptanz, dass man niemals wirklich am Ziel ist. Es ist wichtig, diesen als Reise zu akzeptieren. Daraus kann man wahnsinnig viel Kraft schöpfen.
DCM Redaktion: Wir von bytabo haben in unserer Arbeit oftmals die Erfahrung gemacht, dass es für Familien-, und Traditionsunternehmen schwierig sein kann, alle Mitarbeiter:innen mit an Board der digitalen Transformation zu holen, da insbesondere für die älteren Mitarbeiter:innen mit der Digitalisierung auch verschiedene Zweifel einhergehen. Wie konnten Sie alle Mitarbeiter:innen mit auf die Reise in eine digitale Zukunft nehmen? Wie kann man Mitarbeiter:innnen für den Wandel begeistern? Meine Frage wäre nun: Wie sind Sie mit den Mitarbeiter:innen umgegangen, die Zweifel hatten und für die die digitale Transformation eine Hürde darstellte? Wie schaffen Sie es die Mitarbeiter:innen zu begeistern?
Schuberth: Ich hänge ein bisschen an dem Wort “begeistern” fest. Wir müssen die Menschen nicht immer begeistern, denn die Begeisterung kommt, wenn die Mitarbeit:innen verstanden haben, was das Erreichen des Ziels bringt. Die viel größere Herausforderung ist sich zu überlegen, woher dieses Unverständnis herrührt. Es kommt daher, dass die Menschen das Neue erstmals noch nicht denken können. Das heißt, wenn ein:e Mitarbeiter:in absehen kann, was die Veränderung wirklich bedeutet, dann kommt die Begeisterung ganz von allein.
Hawranek: Ergänzend dazu kann man sagen, dass die besten Ideen von den Mitarbeiter:innen selbst kommen. Das wird dann auch zum Selbstläufer: Man muss dafür sorgen, dass Erfolgsbeispiele publik gemacht werden, damit weitere Mitarbeiter:innen Lust darauf haben.
Schuberth: Ich glaube bei dem Thema der Digitalisierung muss man auch ganz klar sagen, dass das nie aufhört. Zu Beginn werden die Mitarbeiter:innen denken, dass es eine Software gibt, die die Digitalisierungsaufgaben für sie übernimmt. Bei der Digitalisierung gehört aber auch viel individuelle Arbeit dazu.
DCM Redaktion: Ja, das deckt sich mit den Erfahrungen, die wir in unserer Arbeit machen. Was dort viel hilft, ist das persönliche Gespräch, denn oftmals zeigt sich auch, dass bei den Mitarbeiter:innen persönliche Erfahrungen und Probleme in ihre Beurteilungen mit einspielen.
Hawranek: Ich meine, wir sind kein High-Tech-Unternehmen. Wir haben ein ganz traditionelles Produkt, das sich von der Grundstruktur in den letzten 50 bis 60 Jahren nicht verändert hat. Und viele unserer Mitarbeiter:innen lieben ihren Job, unsere Produkte und dadurch auch das Analoge sehr. Da ist auch ein gewisser Stolz dabei, dass die Mitarbeiter:innen – wenn sie eingeladen sind – nicht eine Flasche Wein oder Blumen mitzubringen, sondern Fingerfarbe. Denn das ist unser Produkt und das ist besonders.
DCM Redaktion: Ich finde ganz wichtig zu hören wie die Digitalisierung bei ihnen vorangeht aber wie sie auch gleichzeitig den Blick auf das Analoge – das Produkt nicht verlieren – denn das ist es, wo auch das Herz drin steckt. Was uns auch sehr interessieren würde, wäre das Thema Innovation: Was bedeutet denn Innovation für KREUL?
Schuberth: Wir sind ein Industrieunternehmen mit einem chemischen Produkt: Farbe. Und Farbe unterliegt immer strengeren Richtlinien. Das hat wenig mit der Digitalisierung, sondern viel mehr mit der zunehmenden Transparenz auf der Welt zu tun. Es ist viel schwieriger den gesetzlichen Regelungen standzuhalten. Doch was ist daran die Innovation? Es geht nicht nur darum den gesetzlichen Regelungen Stand zu halten, sondern dann immer noch eins drauf zu setzen. Das bedeutet: Innovation steckt bei uns ganz klassisch in der Produktentwicklung und darin, die Farbe immer wieder neu zu denken.
DCM Redaktion: Sehr spannend. Was waren Ihre größten Learnings im Hinblick auf die Implementierung von Innovation bei KREUL Farben?
Schuberth: Ein großes Learning war, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit oft ein großer Abstand liegt. Ein weiteres Learning war, dass die vielen Gedanken, die wir uns im Unternehmen machen, nur als Bruchteil bei den Kund:innen ankommen. Es geht darum die ganzen Gedanken auf einen Punkt zu bringen und den Fokus zu vermitteln.
DCM Redaktion: Lassen Sie uns nochmals auf das Thema Nachhaltigkeit eingehen, mich würde sehr interessieren: Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit für KREUL und wie kam es zu diesem Interesse?
Hawranek: Ich glaube, das zeichnet ein mittelständisches Familienunternehmen einfach aus, dass es schon immer nachhaltig denkt: Nachhaltig im Sinne von “Langfristig denken”, im Sinne von “Für die Mitarbeiter:innen denken”. Für uns spielen soziale Aspekte eine große Rolle. Wir müssen uns als Arbeitgeber auszeichnen und unsere Mitarbeiter:innen müssen Freude haben bei uns zu arbeiten. Das ist schon immer der Fall gewesen, genauso wie der Fokus auf den ökologischen Aspekten. Insbesondere als Chemieunternehmen bist du immer im Fokus. Und auch der ökonomische Aspekt ist wichtig, wenn man “Made in Germany” ist, spielt da eine Menge mit rein. Das ist nicht alleinig ein Qualitätsmerkmal – da muss was dahinterstecken. Das muss alles untermauert werden, es muss ressourcenschonend gearbeitet und an die nächsten Generation gedacht werden.
Schuberth: Ich denke, wenn man sich wirklich mit dem Kern der Nachhaltigkeit beschäftigt, geht es nicht darum das unternehmerische Handeln grün wirken zu lassen, sondern klar zu schauen welche Ressourcen man braucht, welche Rohstoffe, welche Personalien, welche Gebinde. Und es geht auch um Verzicht und somit um die Frage “Was kann ich weglassen?”.
DCM Redaktion: Was ich jetzt von KREUL höre, ist viel Qualität, viel Herzblut aber auch viel Innovation und Zukunft. Nun zum Thema Zukunft: Was ist da denn in den kommenden Jahren von KREUL zu erwarten? In welche Richtung geht die Reise? Was steht auf der Agenda?
Hawranek: Da möchte ich mal bei den zwei großen Blöcken bleiben: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Bei Nachhaltigkeit geht es ganz klar, um das Thema Ressourcenverzicht und um die Recyclingfähigkeit. Bei der Digitalisierung geht es darum, das analoge Produkt digital zu unterstützen.
Schuberth: Auf die Frage, was in der Zukunft geschehen wird, wird es mit Sicherheit auch eine Antwort mit Farbe geben. Durch diese spezielle Positionierung ist man gezwungen neue Ideen zu entwickeln. Unser Traum ist es, dass man beim Supermarkt um die Ecke nicht nur Müsli nachfüllen kann, sondern auch Fingerfarbe. Das ist natürlich noch etwas abgedreht aber das Thema Kreislaufwirtschaft, das Thema Wiederbefüllbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Upcycling ist auf jeden Fall wichtig für unsere Zukunft.